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Samstag, 1. Februar 1997

Schattenträumer

Schattenträumer

Was ist der Erde Glück' – Ein Schatten!
Was ist der Erde Ruhm' – Ein Traum!
Worum du warbst mit kühnen Taten,
d’rauf blickest heut’ nur noch mit grau’n.

Und was das Schlimmste dir erscheint,
von alle dem das Leichteste ist’s mir.
Denn auf ewig verlor’n die ich beweint,
nur in Elend und Schande bleiben wir.

Mich selbst und meiner Väter Götter Willen
hab’ ich verleugnet und verschmäht,
allein um unsern Ehrgeiz
und die Sehnsucht uns zu stillen.

Ungeschehen zu machen, ist’s zu spät.
Ein stolzes Herz kennt keine Reue,
sucht zu vergessen, den eignen dunklen Sinn.
Fürchte nicht mich! Doch scheue
den Hass in irdischem Denken Gespinn.

Wenn einfach, stilles Herz du gesucht,
und nicht der Welten Ruhm und Glück,
man deiner hätte nicht geflucht,
und nicht verwehrt den Weg zurück

zur Reinheit deiner frühen Jugendtage.
Denn wie du sprachst zu dieser Schlange;
aus dem Keim, den man vergrabe
wüchs’ die Zukunft, der man wartet’,
der man bange.

Das Leben gleich dem Spiel auf einer Bühne,
bei dem niemand kennt des andern Rolle.
Wer gross erscheint, ist oftmals klein,
der Zwerg ein Hüne,
und seltsam Regel sagt, man selten tue, was man wolle.

Das wahre Unglück ist, in all dem Leid,
in allem Trug und bösen Schein,
dass man sich stellen muss der eignen Wirklichkeit,
dem eignen so verhassten sein.

Man selbst im Mensch den Menschen nicht findet,
das Goldne Vlies bringt Tod, anstell’ von Leben. 
Man verwirft, was Böses überwindet, 
und zum Fluch wird Götter Segen.

(Worte der Medea an Iason)